22. Dezember 2024

GP – Racing GmbH

"Alles aus einer Hand"

Warum vieles möglich ist, auch heute noch…

Über „Berufspessimismus“ und Leute, die sich erheben: Vater/Sohn Brugger auf dem Weg nach oben, ein „Elch“ am Zeitungscover, Reini als „Ex-Sampl“…

Fotos: Daniel Fessl/www.motorline.cc

In einer Zeit, in der Treibstoffkonzerne ihre Sponsorentätigkeit im Motorsport einstellen, um Fußballvereine zu unterstützen, ist das (Über)Leben im Rallyesport alles andere als leicht. Schließlich handelt es sich um eine Art von Motorsport, welche in freier Wildbahn ausgeübt wird, abseits der in den Boden gestampften, fernsehfreundlichen Retortenrennstrecken „mit Auslaufzonen, so groß wie die Kalahari-Wüste“ (Zitat Helmut Zwickl). In einer Zeit der zunehmenden Bevormundung und der gezielten Sterilisation des Wilden ist eine solche Sportart nicht immer willkommen…

In den Disziplinen Jammern und Selbstmitleid sind wir ohnehin schon lange Weltmeister – an den Rallye-Stammtischen, in den einschlägigen Foren wird dann mitunter recht gerne erklärt, wie aussichtslos die Lage des heimischen Rallyesports doch sei. Voller Inbrunst wird dann erklärt, wie schlecht es dem Sport heute ergehen würde. Dazu kommt eine in Österreich längst kultivierte Denkens- und Handlungsweise, welche man als „abgebrühten Berufspessimismus“ bezeichnen könnte. Die Vergangenheit wird hochgelobt, die Gegenwart verteufelt und was sich bewegt, wird milde belächelt oder wild zerpflückt. Nach dem Motto: „Das haben wir alles schon gehabt, das haben wir alles schon probiert, das funktioniert ohnehin nicht, das kann gar nicht funktionieren…“

Erhebt sich jemand, weil er, womöglich von idealistischen Gedanken getrieben, etwas ausprobieren möchte, wird er umgehend mit Hohn und Spott bedacht – nach dem Motto: „Was glaubt er denn, wer er ist? Das haben wir doch alles schon probiert, das funktioniert ohnehin nicht, das wird nie funktionieren…“

Doch auch in Österreich gibt es immer wieder Menschen, die den Mut haben, etwas auf die Beine zu stellen, etwas zu probieren, etwas durchzuziehen…

Vater/Sohn Brugger: Der steile, direkte Weg

Für Gesprächsstoff sorgt zurzeit beispielsweise ein Vater/Sohn-Duo, die Familie Brugger. Der blutjunge Sohn, Chris Brugger, hat im Kartsport sein Talent aufgezeigt und den Wunsch geäußert, sich im Rallyesport zu beweisen. Der finanzkräftige Vater hat diesen Wunsch unterstützt, verschiedene Fahrzeuge wurden angeschafft. Im zarten Alter von 17 Jahren testete Chris erstmals einen S2000-Boliden, zugleich wurde mit Baumschlager Rallye Racing eines der besten Rallyeteams des Landes engagiert, um dem jungen Mann eine optimale Ausbildung zu ermöglichen. Im Grunde wird hier etwas versucht, was im Ausland bereits Gang und Gäbe ist: Der steile, direkte Weg hinauf…

Ein Teil der heimischen Rallyegemeinde erkannte sehr wohl, dass hier eine Chance besteht, dass ein junger, erwiesenermaßen talentierter Pilot es auf diese Art und Weise tatsächlich bis an die Weltspitze schaffen könnte – was dem ganzen Land, dem Rallyesport in diesem Land de facto nur helfen kann.



Die eingangs erwähnten Berufspessimisten jedoch wandten umgehend ein: „Der ist zu jung für einen S2000, er wird sich umbringen, das ist verantwortungslos,…“ Jene, die zusätzlich auch noch von Neid geplagt werden, was in Österreich manchmal vorkommen kann, stimmten das alte Klagelied an: Vom Geld, welches die Welt regiert und dass nur noch Reiche im Sport Fuß fassen könnten – wohl wissend, dass weder Vater noch Sohn etwas dafür können, dass dieser Sport immer teurer wird…

Gschwandner: Mit dem „Elch“ aufs Zeitungscover

Dass man deshalb noch lange nicht aufgeben muss und es auch mit geringen finanziellen Mitteln möglich ist, etwas zu bewegen, hat unlängst einer bewiesen, der schon oft ins Fadenkreuz der Berufspessimisten geraten ist…

Ausgelacht hätte man Georg Gschwandner, wenn er öffentlich erklärt hätte, er wolle einen Politiker der Grünen zu einem Motorsport-Event holen. „Das kann gar nicht funktionieren, weil es noch nie funktioniert hat“, hätte man schwadroniert. Gschwandner hingegen hat es einfach probiert, schrieb eine Mail an Madeleine Petrovic – sie kam mit ihrem Hündchen „Frankenstein“ zur Racingshow, zeigte sich erfreut darüber, dass die Rallye-Mitfahrten zugunsten des Tierheims stattfanden, das unter ihrer Schirmherrschaft steht. So, nämlich ganz einfach, mit einer simplen Mail, kam es dazu, dass Geschichte geschrieben wurde. Zum ersten Mal trat eine Politikerin der Grünen bei einer Motorsport-Veranstaltung auf…

Gestaunt haben viele, auch Rallye-Insider vor einigen Tagen, als auf der Titelseite von Österreichs größter Tageszeitung ein Rallye-Volvo zu sehen war. So prominent war der Rallyesport schon lange nicht mehr in dieser Zeitung vertreten – im Blattinneren folgte eine ausführliche Reportage über die wahrscheinlich preisgünstigste Variante, in Österreich aktiv Rallyesport zu betreiben.

Georg Gschwandner plant für 2014, den „Elch-Cup“ wieder aufleben zu lassen, die heckangetriebenen Limousinen sollen wieder vermehrt auf Österreichs Rallyepisten zu sehen sein. „Es sieht sehr gut aus“, sagt Gschwandner. „Wir überlegen noch, bei welchen Rallyes wir antreten werden, fix sind derzeit auf jeden Fall die Thayaland- und die Waldviertel-Rallye.“ Für relativ wenig Geld wird mit den alten „Schlachtschiffen“ ein actionreicher Rallyesport geboten, der nicht nur die Herzen der Fans höher schlagen lässt. Denn auch Thomas von Gelmini von Volvo Österreich erklärte gegenüber motorline.cc: „Ich bewundere die coolen Burschen in unseren Limousinen. Und ich freu mich sehr, wie begeistert das Publikum auf die Elche reagiert.“

Am vergangenen Samstag fuhr Georg Gschwandner versuchsweise mit einem seiner “Elche“ auf der Natschbacher Sandbahn. Dort wird seit einiger Zeit ein relativ kostengünstiger, zugleich vor Action strotzender Motorsport geboten: Manfred Stohl und sein Freund Walter Grubmüller senior veranstalten den Stockcar Racing Cup Austria. „Volksnah“ treten dort Größen wie Andi Aigner auf, um sich dem reinen Racing hinzugeben. Gschwandner und Österreichs bislang erfolgreichster Pilot in der Rallye-WM überlegen nun, die „Elche“ auf die Sandbahn zu holen. Neben den „Saloon Cars“, welche von enthusiastischen Bastlern für wenig Geld aufgebaut werden, könnten auch die „Elche“ für Action auf der Sandbahn sorgen…

Auf das Cover von Österreichs größter Tageszeitung, mit einem alten Volvo – das hätten wohl viele der Berufspessimisten für undenkbar gehalten. Georg Gschwandner hat es einfach probiert und mit seiner offenen Art Gehör gefunden. Der eine mit dem Spar-Budget, die anderen, wie Vater/Sohn Brugger, mit dem nötigen Background für echten Spitzensport – beide haben eines gemeinsam: Sie tun es. Sie probieren es.

Sampl: Vom Rollstuhl ins Rallyeauto

Und es gibt noch viele, viele mehr da draußen, die es einfach versuchen. Ein seit seinem Unfall als hoffnungsvoller Skirennläufer querschnittsgelähmter Reini Sampl, der sich vom Rollstuhl in einen Serien-Mitsubishi schwingt, um sich gleich einmal im Mittelfeld zu platzieren.

Und eine Oberste Nationale Sportbehörde OSK, die zum einen mit dem Serienreglement M1 die Türen für weniger betuchte Interessierte öffnen wollte, und einem wie Reini Sampl hilfreich zur Seite stand, wenn es um die nötigen Adaptierungen seines Fahrzeugs ging…

Es könnten noch viele weitere Beispiele genannt werden. Dafür, dass immer, auch in schlechten Zeiten, etwas möglich ist. Dafür, dass in diesem Land und darüber hinaus im Rallyesport zwar vieles verbessert werden kann und auch muss – dass aber letztendlich nur dann etwas passieren kann, wenn es auch ausprobiert wird.